So ein Tag so wunderschön wie heute ..

Orgel Anja Berlin

Da liegt, Musike drin.

Der gewissenhaft Maurer

Otto Reuter

1. Ich hab' ein Haus in Berlin, das ist noch wie neu,
Nur oben, da ging mal etwas entzwei.
Nun fehl'n da oben ein paar Steine, 's müssen neue dorthin,
Ich sagt' zu 'nem Maurer: "Na, die sind doch bald drin?"
"Aber gewiss, lieber Mann, da fang'n wir gleich morgen an!"
Also um acht soll er ankomm'n - 'ne Stunde vergeht -
Da seh' ich ihn rankomm'n - ich sage: "'s ist spät!"
"Nee", sagt er, "'s is neune - 's ist die richtige Zeit.
Der Weg zählt doch mit - und ick wohne sehr weit.
Ick wollt die Straßenbahn nehm'n - keine zu seh'n.
Ick ruf 'n Auto - 'Besetzt!' - na, da musst ich doch gehn.
Aber nun gehn wir ran - nu fang'n wir gleich an."
2. Na, nun sieht er sich um, - recht gründlich, exakt -
Was er mitgebracht hat - wird ausgepackt. -
Er guckt rauf nach dem Haus. - "Da fehlt'n Stein an dem Fleck."
Also nimmt er 'nen Stein - und legt ihn gleich wieder weg.
Er sucht erst 'ne Leiter, um nach oben zu gehn, -
Trägt sie acht Schritte weiter, - da schlägt es zehn.
Na, nun frühstückt er 'n bißken, holt sein Pülleken raus, -
Steckt die Pfeife in Brand - die geht fünfzehn mal aus. -
Und wie sie brennt, sagt er dann: "Nu fang'n wir gleich an."
Er nimmt noch 'ne Prise - es ist über elbe -
Dann nimmt er den Stein - 's ist noch immer derselbe -
Da muss er niesen - der Kopf wird ihm schwer.
3. Er legt den Stein wieder weg - denn sonst gibts 'n Malheur.
Er sucht nach 'nem Tuch - er hat leider kein's -
Ich sage: "'s gut - hier haben Sie mein's."
Nun fühlt er sich wieder wohl - wie'n Fisch in der Elbe
Und dann nimmt er den Stein, 's ist noch immer derselbe -
Und will auf die Leiter - da schlägt es zwölbe.
Na, nu legt er'n Stein wieder weg - seine Frau bringt das Essen -
Nach so 'ner Arbeit, da schmeckt's - 's wird feste gegessen.
Sie setzt sich zu ihm, - er setzt sich zu ihr,
Es gibt Karbonade und Gurken und Bier. -
Dann liest er die Zeitung und sagt entrüstet zu ihr:
"Du, da streiken sie wieder - die soll'n schaffen, wie wir. "Dann gibt er ihr 'n Küßken,
4.Dann schläft er 'n bißken
Und dann schlägt die Uhr zwei -
Da ist schon die kurze Pause wieder vorbei. -
"Nu", sagt er, "geht's ran -
Jetzt fang'n wir gleich an!"
Nun wird der Lehm umgerührt, - der weiche, der gelbe -
Und dann nimmt er den Stein - 's ist noch immer derselbe -
Da wird ihm schlecht - die Gurken, das Bier -
Er legt den Stein wieder weg und nimmt sein Zeitungspapier,
denn der Stein wäre weniger geeignet dafür -
Und geht an 'ne Tür
Und da steht: "Hier!"